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„Der Tourismus trägt maßgeblich zum Erhalt unserer Kultur und Heimat bei"

Interview mit Heinz Tipotsch

Das Hotel Tipotsch in Stumm, gegründet 1956 von Johann und Aloisia Tipotsch, hat sich über die Jahrzehnte von einem kleinen Kaffeehaus inklusive fünf Gästezimmer zu einem kulturellen Zentrum im Zillertal entwickelt. Schon früh zog das einzige Kino der Region, die „Ziller Lichtspiele“, Kulturinteressierte an. Seit 1980 spielt Kultur eine zentrale Rolle im Hotel, als Heinz Tipotsch, Sohn der Gründer, den Theaterverein ins Leben rief und den Kinosaal als festen Ort für Theateraufführungen etablierte. Mit der Einführung des „Theatermenüs“, bei dem Theaterstücke mit kulinarischen Genüssen kombiniert werden, schuf Heinz eine einzigartige Verbindung zwischen Gastronomie und Kultur. Im Interview hat er uns mehr darüber verraten.

Wie kam es zur Entscheidung, im Hotel den Fokus auf Kulturangebote zu setzen?

Eigentlich entstand das durch meine eigene Liebe zum Theater. Wir haben damals einen Theaterverein gegründet und 1967 eine riesige Sache auf die Beine gestellt: Das Stück Verlorene Heimat von Felix Mitterer, aufgeführt am Stummer Dorfplatz mit über 100 Mitwirkenden. Wir hatten unglaubliche 16.000 Besuchende – ein wahrer Ansturm rein durch Mundpropaganda und Presseberichte. Da wurde mir richtig bewusst, was Kultur bewirken kann. In Stumm lebten damals wahrscheinlich nicht mehr als 1.500 Menschen und es kamen zigtausende Besuchende aus dem ganzen Alpenraum. Das hat mich nachhaltig beeindruckt.

1999 kam dann das „Theatermenü“, eine Idee, die in Zusammenarbeit mit Kammerschauspieler Helmut Wlasak entstand, während wir beide beim Innsbrucker Sommer-Straßentheater gespielt haben. Die Kombination aus einem mehrgängigen „Theater-Gala-Menü“ und einem Theaterstück haben wir bis heute im Programm.

Welche Vorteile und welche Herausforderungen haben sich dadurch ergeben?

Der große Vorteil ist, dass wir uns von Mitbewerbenden unterscheiden – das ist unser USP. Gerade in der Nebensaison spielt das eine zentrale Rolle. Wir haben das Hotel und das Restaurant 365 Tage im Jahr geöffnet, und es ist enorm wichtig, die Nebensaison zu nutzen. In dieser Zeit ist wetterbedingt oft weniger los. Einfach nur länger offen zu halten, bringt aber nichts. Es muss ein Anreiz geschaffen werden, und da kommt Kunst und Kultur ins Spiel – ein echter Win-Win für Einheimische und Tourist:innen.

Kunst und Kultur müssen finanziert werden, und die Gäste tragen dazu bei, indem sie Eintrittskarten kaufen oder etwa Kunstwerke erwerben. Wenn wir uns Gemeinden anschauen, in denen kaum oder gar kein Tourismus stattfindet, dann haben es die Kulturschaffenden dort viel schwerer, Publikum zu gewinnen. Das sieht man auch am Wirtshaussterben: In Orten ohne Tourismus ist diese Entwicklung viel stärker. Der Tourismus trägt maßgeblich zum Erhalt unserer Kultur und Heimat bei, das muss den Verantwortlichen im Land bewusst sein.

Welche Rolle/Chancen siehst du für kulturelle Angebote bei der Gestaltung des Gästeerlebnisses in der Zukunft?

Kunst und Kultur sind unabhängig von der Klimaveränderung. Wir sehen, dass der Skitourismus weniger wird, und deshalb stehen wir vor der Überlegung, auch im Winter ein „Theatermenü“ anzubieten. Noch brauchen wir das nicht, aktuell reicht es in der Nebensaison. Aber wenn das Hauptgeschäft im Winter abnimmt, sehe ich darin eine große Chance.

Kunst und Kultur sind eng mit unserer Heimat verbunden und für unsere Gäste von großer Bedeutung. Sie wollen das Land, die Heimat und die Menschen kennenlernen. Designer-Hotels sehen überall auf der Welt gleich aus. Aber bei uns sind es die historischen Gebäude, die Landschaft und Traditionen, die uns einzigartig machen und in Verbindung mit Kultur unvergessliche Erlebnisse schaffen. Das ist Teil unserer Identität. Doch die Rahmenbedingungen müssen stimmen – Kunst und Kultur müssen auch in der Zukunft machbar sein.