Eva Maria Senns

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„Theater ist ein Ort der Begegnung"

Interview mit Irene Girkinger

Irene Girkinger, Geschäftsführende Intendantin des Tiroler Landestheaters, spricht im Interview über das Motto der kommenden Spielzeit 2025/26, neue Wege der Kommunikation und darüber, warum das Theater als Ort der Offenheit ein starkes Argument für den Kulturtourismus ist.

Welche Leitgedanken stehen hinter dem neuen Spielplan für 2025/26?

Irene Girkinger: Wir stellen die Themen Zugehörigkeit und Teilhabe bewusst in den Mittelpunkt. Das Motto der Spielzeit „Das ist doch nur was für alle“ spielt mit der scheinbaren Beschränkung durch das Wort „nur“ und konterkariert es durch das inklusive „alle“. Wir möchten damit deutlich machen: Theater ist für jede und jeden da. Es ist ein Raum, in dem Offenheit, Wertschätzung und ein angstfreies Miteinander gelebt werden können. Besonders in Zeiten, in denen gesellschaftliche Gräben größer werden, braucht es Orte der Begegnung, des Dialogs und der Reflexion – dafür steht das Theater.

Wie spiegelt sich das im konkreten Programm wider?

Irene Girkinger: Inhaltlich setzen wir auf eine starke thematische Linie: Stücke wie Der Talisman, Heldenplatz oder The Rocky Horror Show behandeln Fragen von Ausgrenzung, Machtverhältnissen, Diversität und Toleranz. Madame Butterfly behandelt ungleiche Beziehungen, Die Fledermaus stellt die Frage nach der „heilen Welt“, Schwanensee ist eine Reflexion über Zugehörigkeit. Geschichten von Franz von Christine Nöstlinger in einer Bearbeitung von Michaela Senn und Uschi Oberleiter greift die Stellung des Kindes in unserer Gesellschaft und die Herausforderungen des Heranwachsens auf. Diese Inhalte ziehen sich als roter Faden durch das Programm des Landestheaters, des Symphonieorchesters und des Haus der Musik.

Welche Rolle spielt das touristische Publikum in Ihrer Planung?

Irene Girkinger: Wir verstehen uns als kultureller Nahversorger auf höchstem Niveau – regional verwurzelt und mit internationaler Strahlkraft. Dementsprechend adressieren wir das heimische und auswärtige Publikum: Einerseits bieten wir Klassiker der österreichischen Unterhaltung wie Das Weiße Rössl oder Die Fledermaus, zeigen aber auch international bekannte Stücke wie Madame Butterfly oder Schwanensee. Vor allem Tanzproduktionen sind sprachunabhängig und damit ideal für internationales Publikum. Mit Café Schindler greifen wir wiederum eine lokalhistorische Erzählung auf, Heldenplatz wird mit einem Bürger:innenchor realisiert. Wir sind sehr darauf bedacht, Regionales und Internationales zu verbinden.

Gleichzeitig launchen Sie mit dem Spielplan auch eine neue Kampagne. Was ist das Ziel?

Irene Girkinger: Wir wollen mehr Aufmerksamkeit fürs Theater schaffen – mit Haltung, aber auch einem Augenzwinkern. Die Kampagne spielt mit Slogans wie „Man kann ja nicht immer berggehen“ oder „Theatersitzen kann so bewegend sein“. Das soll Lust auf Kultur machen, möglichst barrierefrei und inklusiv. Das drücken wir auch mit der gewählten Farbgebung der Druckwerke aus: Wir haben Lavendel gewählt, eine Farbe, die für Toleranz steht und etwa auch in Regenbogenfahnen vorkommt. In der Bewerbung der Stücke setzen wir auf moderne, assoziative Bildwelten und geben inhaltliche Einblicke. Ergänzend rücken wir die Menschen hinter dem Vorhang stärker in den Fokus – von der Schneiderei über die Tischlerei bis zur Technik. Wir sind ein Haus mit rund 450 Mitarbeiter:innen und diese Vielfalt wollen wir zeigen.

Wo sehen Sie aktuell die größte Wirksamkeit in der Kulturkommunikation?

Irene Girkinger: Es braucht einen klugen Medienmix, es muss mehr diversifiziert werden. Printmedien wie unsere Theaterzeitung oder Broschüren bleiben wichtig, besonders für unser Stammpublikum. Gleichzeitig setzen wir gezielt auf Social Media, um neue Besucher:innen anzuziehen. Besonders wirkungsvoll ist auch die direkte Ansprache im öffentlichen Raum: Wir sind mit künstlerischen Aktionen bei Stadtteilfesten präsent, veranstalten einen Tanz der W:ORTE beim Internationalen Lyrikfestival, setzen Sing-Aktionen in öffentlichen Verkehrsmitteln um oder bringen mit dem Stück „Prosa für Elisabeth“ von Händl Klaus Poesie auf den Vorplatz des Landestheaters. Kultur soll sichtbar und erlebbar sein. Zudem bauen wir unsere digitalen Möglichkeiten mit einem neuen CRM-System aus, das innovative Tools zum Kartenverkauf bietet, sowie einer direkten zielgruppenorientierten Ansprache über unseren Newsletter.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Kulturinstitutionen und Tourismus?

Irene Girkinger: Kultur prägt das Image einer Region maßgeblich – das spüren sowohl Einheimische als auch Urlauber:innen. Unsere Gäste sind natürlich naturverbunden und kommen wegen der Landschaft, gefragt ist aber das Gesamtpaket, ein Ort muss lebendig sein. Wer ins Theater geht, verbindet das mitunter mit einem Essen und bleibt deshalb vielleicht länger. Wir wissen auch nicht, wie sich die Reisebranche in Zukunft entwickelt, werden Menschen weiterhin für Urlaube Geld investieren? Deshalb müssen wir attraktiv bleiben, und die Kultur kann dazu das ihrige leisten. Es ist demnach essenziell, dass das kulturelle Leben in Tirol stärker in der touristischen Kommunikation sichtbar wird.