Inwiefern hat sich der Tourismus abseits von Corona in den letzten Jahren verändert?
Der Tourismus ist definitiv professioneller geworden, auch im Marketing. Es geht weg vom Kirchturmdenken, man zieht gemeinsam an einem Strang. Das betrifft sowohl die TVBs als auch die Tirol Werbung in der Zusammenarbeit mit der Österreich Werbung und den anderen Landestourismusorganisationen. Gleichzeitig hat der internationale Konkurrenzdruck zugenommen und sind neue Märkte durch die Globalisierung dazugekommen. Es benötigt einen guten Mix in der Gäste-Ansprache, die Botschaften werden immer schnelllebiger. Aber immerhin dürfen wir eines der schönsten Produkte – nämlich Urlaub in Tirol - überhaupt vermarkten!
Wie hat sich eure Arbeit dadurch verändert?
Die Pressearbeit hat sich insofern verändert, dass anstelle der klassischen Reisejournalisten immer mehr Freelancer treten. Diese sind immer auf der Suche nach noch außergewöhnlicheren Geschichten, die so interessant und individuell wie möglich sein sollten. Das macht die Arbeit für uns natürlich zeitintensiver, aber auch interessanter. Außerdem darf man oft gar nicht so kompliziert denken – was für uns „normal“ ist, kann für einen Außenstehenden schon sehr außergewöhnlich sein.
Eine Entwicklung der letzten Jahre ist die zunehmende Anzahl an Blogger und Influencer. Wie geht ihr damit um?
Auch wir arbeiten verstärkt mit Influencern und Bloggern zusammen. Es gibt da sehr viel Potenzial und wir sind auch dabei, diese Zusammenarbeit strategisch noch mehr zu professionalisieren und auf Wertschöpfung umzulenken. Man darf aber nicht vergessen, dass man mit Pressearbeit und B2B durch minimalen finanziellen Aufwand einen Riesenoutput erzeugt und ganz viele Menschen erreicht.
Die Tirol Werbung betreut ja viele verschiedene Märkte auf der ganzen Welt. Gibt es da ein Schema, nachdem jeder Markt behandelt wird oder hat jeder Markt seine Eigenheiten?
Es gibt für jeden Markt bestimmte Dos und Don’ts. Das beginnt bei kulturellen Dingen aber auch bei den Sprachen: Wie überreiche ich einem Japaner eine Visitenkarte, zum Beispiel. Und geht weiter mit Gepflogenheiten bei Verhandlungen oder der Tatsache, dass manche Nationen strukturierter sind als andere. Auch sind die Märkte ganz unterschiedlich ausgeprägt: Während bei Märkten die weiter weg sind, wie etwa Großbritannien oder auch die USA, Reiseveranstalter eine große Rolle spielen, ist das bei den Nahmärkten ganz anders. Es gibt also schon Grundlagen, aber sicher kein einheitliches Konzept.
Ihr unternehmt auch immer wieder Marktreisen – letztes Jahr ging es etwa nach New York. Welche Reisen zählen zu deinen persönlichen Highlights?
Ich finde es auf der einen Seite sehr spannend, neue Märkte zu erschließen, es ist aber mindestens genauso interessant, bereits bekannte Märkte neu zu entdecken. Besonders beeindruckend fand ich unsere Reise nach Israel. Dieses hochtechnologisierte Land ist auf der einen Seite ein sehr offenes Land, ein Think Hub für Start Ups und auf der anderen Seite wieder sehr konservativ und religiös. Auch Indien war sehr interessant: Dieser Kontrast zwischen Arm und Reich und trotzdem hat man das Gefühl, die Menschen dort sind oft glücklicher als die Europäer. Aber es hat eben auch seinen Reiz, Märkte wie Tschechien oder Belgien wieder neu zu entdecken – nicht nur touristisch, auch wirtschaftlich. Ich erlebe die Marktreisen immer als sehr befruchtenden Austausch. Ich freue mich schon, wieder mit meinen MarktkollegInnen und renommierten Marktreisepartnern, altbekannte und neue Märkte zu entdecken.
Du hast tagtäglich mit verschiedenen Nationen zu tun. Bekommt man da eine andere Sicht auf manche Dinge?
Das ist sicher Augen öffnend. Ich knüpfe viele interessante Kontakte, das verändert einen auch persönlich. Man wird ganz oft auf Dinge hingewiesen, die man selbst so vielleicht nicht registriert hätte.
Wie sehen andere Nationen Tirol? Was unterscheidet quasi den Außenblick vom Innenblick?
Ich glaube, die Tirolerinnen und Tiroler haben ein moderneres Bild von ihrem Land, als unsere Gästeschicht – das kommt aber natürlich immer auf den Herkunftsmarkt an. Ein großer Unterschied ist zudem die Auffassung von „sportlich“. Was für uns sportlich ist, ist für viele Gäste „übersportlich“ – sogar, wenn sie selbst aus gebirgigen Regionen kommen. Das ist besonders beim Berggehen ein Thema und heuer im Sommer eine besondere Herausforderung. Aber insgesamt ist der Trend in Richtung Gesundheit und Nachhaltigkeit eine große Chance für uns – im Sommer wie im Winter.
Wenn du dir irgendwo auf der Welt – außerhalb von Tirol – einen Lieblingsplatz aussuchen könntest. Wo wäre der?
Definitiv in Hawaii, auf der Insel Kauai. Das ist eine der naturbelassensten Inseln in Hawaii. Ich war da einmal und möchte unbedingt wieder hin. Und sonst Neuseeland. Das ist wie Tirol, nur dass es zu den Bergen und Gletschern auch noch ein Meer dazu gibt (lacht).
Und wo ist dein Kraftplatz in Tirol?
Im Sommer der Fernsteinsee und der Blindsee – einfach, weil sie geprägt sind von Kindheitserinnerungen und mein Aufwachsen an der Grenze zwischen Oberland und Außerfern begleitet hat Ebenso bin ich begeitstert von Osttirol: Diese Natürlichkeit, die Authentizität, die Architektur mit den alten Höfen – das alles ist sehr entspannend und ich hoffe, dass es noch sehr lange so bleibt (lacht). Generell gibt es in Tirol aber überall eine große Anzahl von wunderschönen Plätzen und auch ich habe noch einige nicht persönlich besucht.
Du arbeitest jetzt auch schon eine Weile bei der Tirol Werbung. Was gefällt dir am Unternehmen?
In erster Linie die Leute – dies gilt aber für den Großteil im Tiroler Tourismus. Zudem dürfen wir das spannendste Produkt überhaupt vermarkten: Urlaub. Was gibt es Schöneres? Mir gefällt es, dass wir gemeinsam kreativ sein und unsere Ideen umsetzen können. Außerdem ist die Marke Tirol eine der lässigsten überhaupt!
10.08.2020